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Band 2
Band 3 |
DOLL (Mitsukazu Mihara)
Mal wieder eine Story über eines der abgelutschtesten Themen der
heutigen Zeit: Menschen erschaffen eine künstliche Intelligenz, die
ihnen bis aufs Haar gleicht, aber keine Gefühle hat. Ein weiteres
Mahnmal, eine weitere Botschaft an die Menschheit, nicht Gott gleich
sein zu wollen, eine weitere Horrorvision...
Der Band enthält 6 Kurzgeschichten, die so sind, wie man es zu diesem
Thema eben erwartet und kennt.
Und trotzdem -oder gerade deswegen- sind sie einfach nur klasse und man
verschlingt Seite um Seite.
Geschichte 1 erzählt von einem reichen Mädchen, das von seinem Vater
eine männliche Doll geschenkt bekommt. Das Mädchen wächst heran und
immer hat sie die Doll an ihrer Seite. Über kurz oder lang wird sie zur
einzigen Bezugsperson.
Um einen Mann knapp über 20 erzählt die 2. Geschichte. Er hat ein
extremes Frauenproblem und nur eine weibliche Doll kann seinen
Ansprüchen gerecht werden. Doch eine Doll ist eben doch kein Mensch.
Die 3. Geschichte weicht etwas von den anderen ab. Wieder stellt die
Doll einen Ersatz dar. Diesmal für eine Tochter. Die Puppe unterscheidet
sich aber durch ein kleines, aber entscheidendes Merkmal von den
anderen.
In der 4. Geschichte erfährt man etwas über die Entwicklung der Dolls.
Ein Ehepaar arbeitet gemeinsam an der Entwicklung, bis die Frau langsam
ihr Gedächtnis verliert und sogar vergisst, wer ihr Mann ist. Der
Prototyp der Dolls wurde nach ihrem Vorbild konstruiert und dann Mann
sucht jetzt in ihr den Eratz für seine Frau.
Als Ersatz für die verstorbene Mutter dient die Puppe aus Geschichte 5.
Unfreiwillig wird sie zur Mittleren einer zerrütteten Familie.
In der 6. Geschichte wurde der Doll eher eine Komparsenrolle zugedacht.
Die unumstrittene Hauptrolle hat diesmal ihre Besitzerin. Die hat
nämlich einen argen psychischen Defekt und findet sich hässlich. Ihre
nichtvorhandene Schönheit macht sie dafür verantwortlich, dass ihr
Verlobter sie verlassen hat, ihre Eltern sie meiden und die Leute auf
der Straße über sie tuscheln. (Mit etwas bitterbösem Humor kann man über
diese Story tatsächlich lachen.)
Allen Geschichten ist gemeinsam, dass die Besitzer der Dolls in ihrer
Vergangenheit allesamt mindestens ein traumatisches Erlebnis hatten.
Aufgrund des menschlichen Aussehens neigen sie dazu, manchmal zu
vergessen, dass es doch nur Puppen sind. Jede Geschichte ist ein
bedrückender Ausflug in die menschliche Psyche.
Die Zeichnungen sind wenig detailliert und nicht sonderlich hübsch, aber
spiegeln in ihrer Einfachheit perfekt die Stimmung des Mangas und die
Wünsche, die alle Menschen mit ihren Puppen verbinden, wider. Ebenso wie
die Oberflächlichkeit der Gesellschaft. Damit haben sie also durchaus
ihre Berechtigung.
Weshalb die weiblichen Dolls ständig in Gothic Lolita-Kluft rumrennen
ist mir ein Rätsel, aber der Manga sei allen Fans von geistigem Tiefgang
wärmstens ans Herz gelegt! J.O.
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